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MTHRF

Datum: 17.10.2022 Autor: Sebastian Dietrich

Das MTHFR Gen ist wohl das bekannteste Gen weltweit und es war wohl das erste Gen, das im Namen der Epigenetik Aufsehen erregte. Auch wenn es nur eines von ca. 20.000 Genen ist, zählt es doch zu den „High Impact“ Genen und seine Genvarianten haben enorme Auswirkungen auf die Gesundheit.

Die Epigenetik jedoch lehrt uns, dass unsere Gene nicht unser Schicksal sind und dass wir unsere Gesundheit in der eigenen Hand haben können.

Epigenetik

Epigentik übersetzt bedeutet „um die Gene herum“, was so viel heißt wie alles was sich um die Gene herum abspielt. Epigentische Prozesse kontrollieren quasi unsere Gene bzw. sagen ihnen was sie zu tun haben. Und beeinflusst wird dieses Geschehen durch Ernährung, unserer Gedanken und Emotionen, unserer Umgebung, welchen Giften wir uns aussetzen und welche Nährstoffe wir aufnehmen oder nicht. Nur weil man aber ein Gen besitzt, das beispielsweise mit Brustkrebs in Verbindung steht, wie das BRCA1, bedeutet das nicht, dass man Brustkrebs auch bekommt, die Epigenetik beeinflusst diese Entwicklung enorm.

Die DNA-Methylierung

Durchforscht man die weltweit größte medizinische Datenbank Pubmed, findet man mittlerweile 100.000e Artikel über Genvarianten und die DNA-Methylierung, einer der meist erforschten epigenetischen Vorgänge überhaupt. Eines der prominentesten Genvarianten ist das MTHFR677, was als Abkürzung für das Gen Methylentetrahydrofolat Reduktase steht, welches das gleichnamige Enzym MTHFR produziert. Die Nummer 677 bezeichnet die Stelle innerhalb des Proteins, an dem die Genvariante zu tragen kommt. In der DNA-Methylierung spielt das Enzym und seine Genvarianten eine entscheidende Rolle.

Die Funktion des MTHFR ist die Herstellung von L-5-MTHR (Methylfolat), womit es den Methylierungsprozess unterstützt bzw. reguliert. Und Methylfolat ist überaus wichtig für die Produktion von Neurotransmittern und SAMe (S-Adenosyl Methionin). Während Neurotransmitter es uns erlauben zu denken, zu schlafen, Wachsam zu sein, Emotionen auszudrücken oder zu Lernen, unterstützt SMAe über 200 enzymatische Prozesse (spendet Methylgruppen an diese Enzyme) in unserem Körper, senkt Histamine und schützt die DNA. Wenn die Produktion der Neurotransmitter unterbrochen wird, kann dies zu Depressionen, Ängstlichkeit, ADHS, Schlaflosigkeit, Lernbeeinträchtigungen uvm. führen. Eine zu geringe SMAe Produktion kann beispielsweise Krebs, Unfruchtbarkeit, Autismus, Bluthochdruck, Thrombose uvm hervorrufen.

Methylierung

Methylierungprozesse sind Prozesse im Körper, die überall und jederzeit ablaufen, wie z.B bei der Produktion von Hormonen, bei der Zellerneuerung oder bei der Energiegewinnung. Wird dieser Prozess gestört, kann man sich vorstellen, dass in unseren Systemen einiges durcheinander gerät. Wenn man sich den Methylierungszyklus (Abb. 1) einmal genauer betrachtet, sieht man beispielsweise Homocystein, ein Marker für Herzkreislauferkrankungen, Glutathion, unser stärkstes körpereigenes Antioxidans, SAMe, unser wichtigster Methylspender in unserem System und viele weitere Prozesse. Ein Störfeuer im Methylisierungszyklus kann also weitreichende Auswirkungen mit sich bringen. Und hier spielt aber nicht nur das MTHFR Gen eine entscheidende Rolle, sondern etliche weitere Gene (wie DHFR, MTR, MTRR, BHMT, CBS…) und natürlich auch epigenetische Einflüsse, die diese Prozesse regulieren.

Abb 1: Der Methylierungszyklus (Zhi et al. 2016)

SNPs

SNPs bzw. Single Nukleotide Polymorphismen sind Genvarianten. Statistisch gesehen hat einer von zwei Personen einen MTHFR Polymorphismus, was dazu führt, dass das MTHFR Enzym eine andere Form entwickelt und somit anders wirken kann. Dies wirkt sich wiederum auf Neurotransmitter und die SAMe Produktion aus.

Im Prozess der Methylierung wandelt MTHFR Folsäure in die aktive Form, also Methylfolat um, so dass der Körper es verwenden kann. Dabei bindet es Vit B12, Magnesium und Methionin, was als Protein über die Nahrung aufgenommen wird, um SAMe herzustellen. Beim MTHFR677 Polymorphismus beispielsweise wird aus einem Cytosin ein Thymin, die Anatomie und die Funktion des entstehenden Enzyms werden dadurch verändert.

Neben MTHFR1298 hat MTHFR677 die stärksten Auswirkungen. Folgende aufgelistete Krankheiten werden mit dem Polymorphismus (v.a. MTHFR677) in Verbindung gebracht:

- Herzkreislauferkrankungen 1
- Unfruchtbarkeit 2 3
- wiederholten Schwangerschaftsabbrüchen 4 5 und Präeklampsie 6
- Down Syndrom 7
- Spina Bifida 8 9
- Schizophrenie, Bipolare Störungen und Unipolare Depression 10
- Autismus 11
- Alzheimer 12 und Parkinson 13
- Migräne 14
- Diabetes 15 16
- Krebs 17 18

Funktionelle Ernährung

Da die funktionelle Ernährung im Gegensatz zu anderen Ernährungsstrategien auf Funktionen des Körpers abzielt, liefert sie besonders beim Methylierungsprozess äusserst hilfreiche Strategien für die Methylierung, anderseits aber auch um SNPs und epigenetische Prozesse zu unterstützen. Besonders für den MTHFR Polymorhismus ergeben sich sehr hilfreiche Herangehensweisen.

Folsäure vs. Folat

Ein MTHFR Polymorphismus kann dazu führen, dass Folsäure zum einen nicht umwandeln kann und das Methylfolat für die weiteren Prozesse nicht zur Verfügung steht. (Auch ein Vit B12 Mangel, der sehr häufig, nicht nur bei Vegetarier und Veganer vorkommt, kann diesen Prozess stören). Zudem kann dann Folsäure im Körper akkumulieren, was sogar karzinogene Prozesse unterstützen kann. Es ist leider heute sogar in sämtlichen angereicherten Nahrungsmitteln zu finden. Bei der Supplementierung sollte man vor allem auf die aktive Form Methylfolat oder Folinsäure umsteigen.Vorsicht, viele minderwertige Multivitaminpräparate beinhalten ebenfalls meistens Folsäure.

Zudem kann dann Folsäure im Körper akkumulieren, was sogar karzinogene Prozesse unterstützen kann. Es ist leider heute sogar in sämtlichen angereicherten Nahrungsmitteln zu finden. Bei der Supplementierung sollte man vor allem auf die aktive Form Methylfolat oder Folinsäure umsteigen.Vorsicht, viele minderwertige Multivitaminpräparate beinhalten ebenfalls meistens Folsäure.

Ernährung, Training und Ausgleich

Nicht nur die richtige Supplementierungsform, am Beispiel Folsäure/Folat, sondern auch eine ausgewogene Ernährung, Training und vor allem unser Lifestyle sind ausschlaggebend darüber ob wir krank oder gesund sind.

Tägliches Training bzw. körperliche Aktivität verbessert beispielsweise die Homocystein Level, abhängig aber vom Umfang und Intensität des Trainings. Langes low Intensity Ausdauertraining fördert allerdings Entzündungsmediatoren. Da Stress für die Produktion der Katecholamine wie Adrenalin und Noradrenalin einen hohen SAMe Verbrauch mit sich zieht, können Methylgruppen für entscheidende Prozesse fehlen. Somit gilt es auch das Stressmanagement in den Griff zu bekommen, durch beispielsweise Yoga, Meditation oder progressiver Muskelentspannungen, viel Lachen, eine positive Einstellung und Naturspaziergänge sowie die Pflege von Freundschaften.

Die Ernährung sollte aus epigenetischer Sicht dabei viele Nahrungsmittel umfassen, deren Nährstoffe am Methylierungszyklus beteiligt sind (s. Abb. 2), eine optimale Hydrierung (3,5% des Körpergewicht in Litern), eine hohe Vielfalt an buntem Gemüse, viele Ballaststoffe und Bio-Qualität so weit möglich. Getreide, Alkohol, Zucker, Fleisch (wenn nicht Bio Qualität und mit Hormonen oder Antibiotikum gefüttert), schwermetallbelasteten Fisch (z.B.Thunfisch), gegrilltes und Essen aus Plastikboxen gilt es zu vermeiden.

Kategorie Lebensmittel Dont's!
Gemüse und Früchte Rote Beete, Tomaten (v.a. getrocknete), Artischocken, Spargel, Spinat, Knoblauch, Shiitake Pilze nicht frittiert oder verarbeitet
Tierische Proteine Fisch (Lachs, Heilbutt, Hering, Meeresfrüchte, Austern..), Fleisch (Rind, Büffel, Lamm, Ente, Hühnchen..), Leber, Eier nicht gegrillt, frittiert oder verarbeitet (Wurst)
Nüsse und Samen Mandeln, Walnüsse, Cashews, Haselnuss, Chia, Sonnenblumenkerne, Sesam und Kürbiskerne
Gewürze und Kräuter Basilikum, Chili, Cayenne Pfeffer, Koriander, Samen, Dill, Fenchel, Senf, Petersilie, Majoran, Safran, Thymian und Kurkuma

Abb. 2: Lebensmittel, deren Nährstoffe den Methylierungszyklus unterstützen

Ausblick

Nicht jeder Polymorphismus im MTHFR richtet Chaos an, abhängig von der Position im Gen. Leider wird heute aber Folsäure und auch Folat meist ohne großes Wissen über die eigenen Laborwerte und den Genotyp einfach „blind“ supplementiert. Auch ohne wirklich zu wissen, welche Auswirkungen dies auf epigenetischer Ebene langfristig mit sich bringen kann. Die Wissenschaft um die Epigentik steckt heute auch noch in den Kinderschuhen, weshalb wir nicht genau wissen was passiert, wenn wir diese Prozesse beeinflussen. Dass Folat aber entscheidend ist, zeigt der Methylierungszyklus und auch der massive Mangelzustand in der Bevölkerung. Für die optimale Ausrichtung seiner Diät sollte man daher immer mit einem Experten zusammenarbeiten.

Sebastian

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